Das Thema "Pflegekind" ist ein immer aktuelles. Und die Geschichte des "Pflegebäumchens" ist die Geschichte vieler Kinder in Tirol.
Laut Kinder- und Jugendhilfe Bericht 2016 der Statistik Austria leben 845 Kinder in Tirol fremduntergebracht, zum Beispiel in einer Pflegefamilie. Die Gründe sind vielfältig, von körperlicher Misshandlung und Gewalt in der Familie bis hin zu weniger offensichtlichen Themen wie einer depressiven Erkrankung der Eltern.
Autorin Beate Troyer bringt hier in drei Fragen - drei Antworten ihre Kernanliegen auf den Punkt:
In meiner langjährigen Erfahrung im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe habe ich gesehen, dass der positive Blick auf die Fremdunterbringung der viel ausmacht. Wenn alle füreinander Verständnis zeigen und auch gut begleitet und informiert sind, gelingt Fremdunterbringung. Ja kann sogar für alle das Leben verbessern. Die Gesellschaft tut sich heute noch schwer, eine Mutter zu verstehen, die ihr Kind weggibt. auf der anderen Seite wird gerade bei depressiven Müttern auch schnell gerufen "jetzt nimmt man ihr auch noch das Kind, jetzt geht es ihr noch schlechter". Doch das Kindeswohl muss für die gesamte Gesellschaft immer an erster Stelle stehen. Wir sind alle dafür verantwortlich, dass Kinder gesund aufwachsen dürfen. Das Thema Zivilcourage kommt deshalb auch im "Pflegebäumchen" durch, genauso wie eine realistische Einschätzung der Fremdunterbringung. Es ist wichtig, dass Pflegeeltern nicht überfordert werden. Wenn sie zum Beispiel den Anspruch spüren, sie müssten dieses Kind vom eigenen nicht mehr unterscheiden können, ist das nicht realistisch. Auch für das Kind nicht, denn es hat ja ein eigenes Herkunftssystem. Für das Kind ist wichtig zu wissen, warum es dort nicht leben kann, dass es selbst nicht an dieser Situation Schuld trägt und auch, dass der Mutter (oder dem Vater) geholfen wird.
Ja. Denn Gewalt oder Missbrauch sind eher offensichtliche Gründe, bei denen meist schneller und frühzeitig eingegriffen werden kann. Depression dagegen ist schleichend und von außen oft schwer zu erkennen. Und sie ist sehr häufig und kommt in allen sozialen Schichten vor. Depressive Eltern können ihr Kind und seine Bedürfnisse nicht mehr richtig wahrnehmen, weil ihr Blick nach innen gerichtet ist. Das Kind reagiert darauf ebenfalls mit Rückzug. Zusätzlich zur schwierigen Situation daheim wird es also auch außerhalb - in der Schule oder im Kindergarten - zum Außenseiter. Und spätestens da muss die Gesellschaft aufmerksam werden. Es gibt zahlreiche Begleitungs- und Unterstützungsangebote, welche Eltern in der Erziehungskompetenz stärken, wie beispielsweise die ambulante Betreuung – im „Pflegebäumchen“ wäre das der „Buchfink“. Doch wenn das nicht greift, kommt es zur sogenannten „vollen Erziehung“, wird das Kind also fremduntergebracht. Bei kleineren Kindern ist dabei eine Pflegefamilie zu bevorzugen.
Das hat zwei Gründe: Einerseits wollte ich eine Umgebung, die eine Parallele zum Alltag eines Kindes hat und doch nicht zu nahe ist. Das könnte sonst verstörend wirken. Andererseits braucht es genau diese fast schon kitschige Idylle im Wald. Denn nur in einer so genannten „heilen Welt“, also einer anfangs funktionierenden Familie, fallen solche Probleme überhaupt auf. Der Baum als Figur ist ebenfalls ganz bewusst gewählt, denn ein Baum ist verwurzelt. Ein Küken kann ich behutsam von einem Stall in den anderen tragen, beim Baum bedeutet eine Verpflanzung immer etwas Einschneidendes und auch Schmerzhaftes. Dieser Moment, wenn das Kind die Ursprungsfamilie verlassen muss, ist tatsächlich ein „Spatenstich“, ein Trauma für das Kind. Die Familie ist alles, was das Kind kennt, es will ihr gegenüber loyal sein. Worum es mir im „Pflegebäumchen“ geht, ist aufzuzeigen, dass trotz dieses “Schnittes“ das Leben danach gelingen kann. Dass diese neue Situation sogar für alle eine Verbesserung darstellt. Für das Kind, das in der neuen Familie als geliebter Gast angenommen wird und so die Chance bekommt, sich gesund und gestärkt zu entwickeln. Für das abgebende Elternteil, dem so selbst geholfen werden kann und auch für die Pflegefamilie, die mit dem neuen Mitglied durchaus herausfordernden, aber auch sehr bereichernden Zuwachs bekommt.